Jesus-Gebet

Das Jesus-Gebet entwickelte sich aus dem Sehnen in den frühen Christengemeinden, unmittelbar bei Gott Hilfe zu finden. Aus inniger Not haben sich Menschen immer an Gott gewandt mit dem Ruf um Sein Erbarmen. Für manche Gläubige wuchs das Verlangen, über den konkreten Anlaß hinaus, ganz mit Gott eins zu werden. Das schien ihnen am besten möglich durch Abgeschiedenheit, ein Leben in und aus der Stille. Hier liegt die Geburtsstunde des Jesus-Gebetes. Insbesondere um 150 - 450 n.Chr. hatten sich Männer und Frauen in die Wüste auf der Halbinsel Sinai zurückgezogen, um sich durch nichts von der Hingabe an Gott ablenken zu lassen. Sie wollten allezeit in und aus der Gegenwart Gottes leben. Der Ruf des Blinden am Tor von Jericho um die heilbringende Hilfe Jesu, "Jesus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner !", fand dabei Eingang in das allmählich sich entwickelnde immerwährende Gebet. Es entwickelte sich die theologische Tradition der Hesychia.

Für uns heute scheint wichtig, daß Jesus auch der Heiland ist. Ins Jesus-Gebet können wir insbesondere hineinlassen, wo wir Heilung, ein Heilwerden, brauchen.

Das eigentliche Ziel des Jesus-Gebetes ist jedoch nicht vorrangig ein persönliches Anliegen vor Gott zu bringen, sondern Gemeinschaft mit Gott zu erreichen. Der zeitgenössische Mönch Vater Aemilianos (Kloster Simonos Petras auf dem heiligen Berg Athos) schätzt das Jesus-Gebet ein als "das konzentrierteste, das am meisten erprobte und das wirkungsvollste Gebet, das der Mensch beten kann". In ihm drückt sich das ganze Evangelium aus.
Aus heutiger Sicht können wir sagen, daß das Jesus-Gebet ein ganzheitlicher, meditativer Gebetsweg darstellt, der Leib, Seele und Geist anspricht, der uns eins werden läßt. In dem bekannten Buch "Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers" wird die Wirkung dieses Gebetes beschrieben, die ganze Welt erscheint heller, es entbrennt die Sehnsucht, immer stärker mit Gott eins zu werden. Es ist jedoch nicht nur ein Erleuchtungsweg, sondern gerade die Bewältigung des alltäglichen Lebens erfährt eine Stärkung. Meine Persönlichkeit kann ein Wandlung erfahren. Mehr innerer Halt, Liebe und Gelassenheit kann mir geschenkt werden.

Das Jesus-Gebet ist eine Form des Herzensgebetes. Häufig wird in der Literatur das Jesus-Gebet mit dem Herzensgebet gleichgesetzt.